Rechnung des Seelamts

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Einleitung
Rechnung des Seelamts
Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St.Gallen, AeA, X, 63 Seelamts-Rechnung (1701-1706).

Das Seelhaus war ursprünglich gegründet worden, um Pilgern, die aus Armut oder aus Krankheitsgründen nicht in einem Gasthaus aufgenommen wurden, eine Unterkunft zu bieten. Im Seelhaus fanden aber auch umherziehende Handwerksgesellen, arme Reisende und Bettler für eine Nacht unentgeltlich Aufnahme. Wer im Seelhaus übernachtet hatte, erhielt am nächsten Morgen vom Seelpfleger einen bescheidenen Zehrpfennig für die Weiterreise. Dann wurden die Personen zur Stadt hinaus begleitet, um sicher zu sein, dass sie sich nicht weiter in der Stadt aufhielten, bettelten oder der Fürsorge zur Last fielen. Grundsätzlich war der Aufenthalt im Seelhaus auf eine Nacht beschränkt. Wer aus Krankheitsgründen länger bleiben musste, hatte eine Abgabe zu bezahlen.


Hinweise zur Transkription
Schreiben Sie Wörter, die zwar zusammengeschrieben sind, sinngemäss aber getrennt werden müssen, auseinander (z.B. «zwey kinde» statt «zweykinde») und im umgekehrten Fall zusammen (z. B. «außtrager» statt «auß trager»). Transkribieren Sie u/v nach dem Lautwert (also z.B. «und» für «vnd»). Distinktionszeichen werden in der Transkription weggelassen. Lösen Sie ausser bei Währungen sämtliche Abkürzungen auf («und», «dito», «herr», «herrn», «septembris», «novembris», «zunftmeisters»). Beachten Sie, dass bei Wörtern, welche auf -en enden, bisweilen ein vom Endbuchstaben abwärts geführter Bogen oder Haken angehängt wird (z.B. bei «wegen»). Nutzen Sie bei Unsicherheiten die Tipps.


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Resultat
Rechnung des Seelamts
Die Transkription lautet:
Anno 1705 ausgeben für arme kranckhne,
kindtbettern und begräbnußen fl kr hl
16. may wegen einer arme kindtbetterin, die mit zwey kinde
under der lange brug niderkhommen und hier getaufft worden 58
12. juny wegen Sabina Engwilleren begräbnuß ergangen den
herr Christoff Wegelin fl 30
beyde mäßmere 30
beyde todte gräbere 30
den 6 außtrager jeden à 15 kr 1 30
der liechtladere 36 3 36
Erörterung:
Das Seelhaus war aber auch Kranken- und Pfrundanstalt für ortsansässige Fremde, also für in der Stadt wohnhafte Fremde und so genannte Hintersässen. Hintersässen waren Einwohner mit Aufenthalts-, nicht aber mit Bürgerrecht. Ebenfalls erhielten niederkommende Frauen aus der Stadt, die kein St. Galler Bürgerrecht besassen, im Seelhaus Unterkunft und Versorgung.

Erklärungen
Anno: Im Jahre
fl: Abkürzung für Gulden, florenus
kr: Abkürzung für Kreuzer
hl: Abkürzung für Heller
dito: gleichfalls, ebenso, im Sinne von «wie weiter oben im Text genannt»
außtrager: Träger; Person, welche einen Leichnam zur Kirche/Bestattung transportierte
liechtlader: Leichenbitter/Leichenbitterin; Person, welche der Bevölkerung die bevorstehende Bestattung anzeigte
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Übung
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Resultat
Rechnung des Seelamts
Die Transkription lautet:
24. dito wegen Conrad Nößly von Höng auß dem Zürichbieth
für erden bestatterlohn wie oben 3 36
17. septembris einer arme frawe aus dem Zürichbieth für
allmuße und ohnkoste über tauffe ergangen 1 36
27. novembris wegen Elsbeth Hougedoblerin von Becke für erden
bestatterlohn wie oben 3 36
dito ferner den todte lichnam auß deß herrn zunftmeisters
Allgöwer behaußung in daß seellhauß tragen laßen 1
Erörterung:
Dem Seelamt unterstanden nicht nur die Versorgung und Pflege von kranken Fremden und Hintersässen. Es kam auch für die Begräbniskosten auf, falls ein Fremder in St.Gallen starb. Das Seelamt übernahm u.a. die Kosten für den Pfarrer, die Messmer und die Totengräber.

Erklärungen
Höng: Höngg, Ort nordwestlich der Stadt Zürich, seit 1934 in Zürich eingemeindet
Becke: Bächi, Kanton Thurgau, Bezirk Kreuzlingen
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