Verlegung einer Spitalinsassin ins Prestenhaus

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Einleitung
Verlegung einer Spitalinsassin ins Prestenhaus
Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St.Gallen, SpA, W, 10, Protokolle der Ausser- und Innermeister 1619-1628, 20. November 1619, S. 21.

Das Zusammenleben vieler verschiedener Menschen im Spital barg stets ein gewisses Konfliktpotential. Besonders in den Krankenstuben des Heiliggeist-Spitals, die sich in den hinteren Häusern des Spitals an der Kugelgasse befanden, lebten Menschen mit unterschiedlichen Krankheiten auf engem Raum zusammen. Zur Entlastung des Spitals wurde um 1575 das Prestenhaus gebaut. Ob die Errichtung dieser «Aussenstelle des Spitals» im Zusammenhang mit den häufigen Pestzügen stand, ist unklar. Jedenfalls sollten im Prestenhaus Stadtbürgerinnen und Stadtbürger mit langwierigen oder unheilbaren, aber auch mit besonders abstossenden Krankheiten aufgenommen werden, ebenso auch psychisch kranke Menschen. Daneben wurden auch Menschen im Prestenhaus untergebracht, die ein leichteres Leiden hatten, das verhältnismässig schnell kuriert werden konnte (Krätze, Fieber etc.)
Das Prestenhaus und somit nicht das Spital war in der Frühen Neuzeit die eigentliche Krankenanstalt für St. Galler Bürgerinnen und Bürger.


Hinweise zur Transkription
Transkribieren Sie u/v nach dem Lautwert (also z.B. «und» für «vnd»). Fügen Sie über der Zeile stehende Vokale hinter dem darunter stehenden Vokal ein. Distinktionszeichen werden in der Transkription weggelassen. Wörter, die optisch zwar getrennt erscheinen, inhaltlich jedoch zusammengehören, werden zusammengeschrieben (z.B. «deßhalb» statt «deß halb»). Nutzen Sie bei Unsicherheiten die Tipps.


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Übung
Verlegung einer Spitalinsassin ins Prestenhaus
Zoom Level:
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Resultat
Verlegung einer Spitalinsassin ins Prestenhaus
Die Transkription lautet:
Barbel Cyrillin
Dise weil sey böße schenckel und übel schmeckt, wan sey
in die stuben kompt, und deßhalb in die krancken
stuben begert, haben mine herren erkent, daß sey
die krancken nit mit sölchem gestanck blagen wellen,
weil sey aber ein warme stuben muß haben, also
ordnen sey inß prestenhauß.
Erörterung:
Bärbel Cyril wünschte, aus Krankheitsgründen in die Krankenstube des Spitals verlegt zu werden. Die Spitalmeister hingegen hielten es für angebracht, dass die Patientin ins Prestenhaus umzog, weil sie «die krancken nit mit sölchem gestanck blagen wellen.»
Bärbel Cyrin hatte übel riechende «böße schenckel». Was muss man sich darunter vorstellen? Gemäss dem Deutschen «Krankheitsnamen-Buch» war damit ein durch Verletzung oder Krankheit – namentlich durch bösartige, faule Geschwüre am Unterschenkel – krankes Bein bzw. ein faulender Schenkel gemeint.

Erklärungen
schmeckt: riecht
sey: sie
blagen: plagen
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